Gaschwitzer Eisenbahn

Die Plagwitz–Gaschwitzer Eisenbahn (Plagwitz–Gaſchwitzer Eiſenbahn)? ist eine eingleisige elektrifizierte Eisenbahnstrecke in Leipzig und Markkleeberg. Sie wurde im Jahr 1879 von den Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen eröffnet und diente der Eisenbahn­anbindung der sich rasch industriell entwickelnden Gemeinden Plagwitz und Lindenau westlich der Stadt Leipzig durch sächsische Eisenbahnen, da dort bisher nur die zunächst private, dann preußische Zeitzer Eisenbahn verkehrte. Im sächsischen Eisenbahnsystem trug sie das Streckenkürzel PG, seit 1993 wird sie mit der Strecken­nummer 6379 bezeichnet. Neuerdings wird sie inoffiziell »Waldbahn« genannt; un­verständlich, denn von knapp 10 Kilometern Gesamtlänge liegt gerade einmal 1 Kilo­meter im südlichen Auenwald.


Streckenverlauf
Zeitzer Eisenbahn
Kurt-Kresse-Straße
Kleinzschocher
Dieskaustraße
Küchenholzallee
Weiße Elster
Elsterhochflutbett
Paußnitz
Stadt Markkleeberg

Als Anfangspunkt der 9,9 Kilometer langen Strecke wurde durch die Sächsische Staatseisenbahn südöstlich des schon 1873 von der Thüringischen Eisenbahn-Gesellschaft eröffneten Bahnhofs »Plagwitz-Lindenau« (heute: Bahnhof Leipzig-Plagwitz) ein zweiter Bahn­hof errichtet, der offiziell ebenfalls den Namen »Plag­witz-Lindenau« erhielt. Zur Unterscheidung der beiden gleich­namigen Bahnhöfe wurden seitdem – je nach Ziel der Strecke – die Bezeichnungen »Zeitzer Bahnhof« beziehungsweise »Gaschwitzer Bahnhof« benutzt.

Vom Gaschwitzer Bahnhof »Plagwitz-Lindenau« führte die neue Strecke östlich und parallel der älteren Zeitzer Eisenbahn, aber streng von ihr getrennt, durch die Gemarkungen Plagwitz und Klein­zscho­cher. Dort biegt sie nach Osten ab und führt nach Groß­zscho­cher. Abweichend von der heutigen Streckenführung bildete die Trasse bis 1907 den Ostrand des Friedhofs Klein­zscho­cher und kreuzte die Trasse die Hauptstraße in Groß­zscho­cher (heute zur Dieskaustraße) eben­erdig und etwas weiter nördlich. Im weiteren Verlauf führt die Eisenbahn durch Gautzsch (seit dem 1. Januar 1934 zur Stadt Markkleeberg) nach Gasch­witz (seit dem 1. Juli 1993 zur Stadt Markkleeberg), wo sie in die Bayeri­sche Eisenbahn einmündet. – Da die Gleis­anlagen der thüringischen (seit 1886 preußischen) und sächsischen Eisenbahnen zunächst nicht miteinander verbunden waren, war die Strecke zwischen Gaschwitz und Plagwitz quasi eine »Sackgasse«.

Am 1. September 1879 wurde die Strecke Plagwitz–Gaschwitz zunächst nur für den Güterverkehr eröffnet; am 15. Oktober 1879 folgte die Aufnahme des Personen­verkehrs.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Eisenbahntrasse in der Gemarkung Groß­zscho­cher (westlich der heutigen Küchenholzallee) etwas nach Südwesten in die heutige Streckenführung verschwenkt, so dass sie nun die Dieskaustraße auf einer Brücke überquerte und westlich am Friedhof Klein­zscho­cher vorbei führt. Gleichzeitig wurde sie in den seit 1886 preußischen »Zeitzer« Bahnhof Plagwitz-Lindenau eingebunden. Am 1. Mai 1907 wurde dieser neue Verlauf in Betrieb genommen und der Personenverkehr nur noch über diese Strecke geführt1). Der Gaschwitzer Bahnhof »Plagwitz-Lindenau« wurde am gleichen Tage zum Güterbahnhof abgestuft und in den folgenden Monaten von der alten Strecke getrennt2). Nun entfiel auch die Notwendigkeit der Unterscheidung des »Zeitzer« vom »Gaschwitzer« Bahnhof, da der Personenverkehr nur noch auf einem Bahnhof »Plagwitz-Lindenau« abgewickelt wurde; auf alten Stadtplänen finden sich aber noch lange diese Bezeichnungen.

Am 1. Oktober 1907 wurde in der Gemeinde Groß­zscho­cher-Windorf westlich neben der heutigen Dieskaustraße und auf dem neuen Damm ein Haltepunkt eröffnet, der zunächst »Groß­zscho­cher S. St. E.« hieß und ab 1. Juli 1911 »Groß­zscho­cher Sächs Stb« genannt wurde.

Am 1. April 1920 ging die Plagwitz–Gasch­witzer Eisenbahnstrecke mit den Sächsischen Staatseisenbahnen in der Reichsbahn auf. Da die Trennung preußisch/sächsisch nun keinen Sinn mehr machte, wurde der vormals sächsische Haltepunkt in Groß­zscho­cher im Oktober 1920 in »Großzschocher Ost« umbenannt.

Nachdem Großzschocher-Windorf zum 1. Januar 1922 in die Stadt Leipzig eingemeindet wurde, erhielt der bisherige Haltepunkt an der Gaschwitzer Eisenbahn ab 1. Juni 1922 den falschen Namen3) »Leipzig-Klein­zscho­cher«, obwohl er nach wie vor mitten in Groß­zschocher lag.

Ab dem 30. August 1924 wurde die Strecke von der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft betrieben.

Seit dem 25. Mai 1963 ist die gesamte Strecke elektrifiziert.

Am 13. Juli 1969 wurde entlang der Gasch­witzer Eisenbahnstrecke der S-Bahn-Verkehr durch die Linie A aufgenommen, die herzförmig vom Hauptbahnhof über Leutzsch und Plagwitz nach Gasch­witz und weiter über Stötteritz und Leipzig-Ost zum Hauptbahnhof sowie in Gegenrichtung verkehrte.

Am 3. Juni 1973 wurde südlich der Schwartzebrücke in Klein­zschocher ein neuer S-Bahn-Haltepunkt eröffnet. Da der naheliegende Name »Leipzig-Klein­zschocher« seit 1922 für den Bahnhof in Groß­zschocher belegt war, wählte man nun die Bezeichnung »Schwartzestraße«, die am 28. Mai 2000 auf »Leipzig Schwartzestraße« erweitert wurde.

Ab dem 3. Juni 1984 wurde die S-Bahn-Linie A von Plagwitz direkt nach Grünau geführt; zwischen Plagwitz und Gasch­witz pendelte nun die Linie C. Am 31. Mai 1992 wurde sie in »S2« umbenannt.

Mit dem Fahrplanwechsel vom 15. Dezember 2002 wurde der S-Bahn-Verkehr entlang der Gaschwitzer Eisenbahn eingestellt und durch die von Mark­ranstädt über Miltitz, Schönau, Meyersdorf und Groß­zscho­cher nach Markkleeberg führende (also weder Plagwitz noch Kleinzschocher berührende) Buslinie 65 »ersetzt«. – Die Strecke dient seither ausschließlich dem Güterverkehr bzw. für Umleitungen während Strecken­sperrungen. Die Haltepunkte »Leipzig-Klein­zschocher« und »Leipzig Schwartze­straße« wurden gleichzeitig stillgelegt.

Beim Umbau der Gleisanlagen südlich des Bahnhofs Plagwitz im Jahr 2011 wurde die Strecke der Zeitzer Eisenbahn deutlich nach Osten und die Einmündung der Gaschwitzer Strecke deutlich nach Süden verschoben. Der noch vorhandene Bahnsteig des Halte­punkts »Leipzig Schwartze­straße« liegt seitdem an keinem Gleis mehr und könnte bei Bedarf nicht einfach reaktiviert werden.

Im Jahr 2018 wurden in Großzschocher die Brücken über die Dieskau­straße und die Küchenholz­allee erneuert. Dabei wurde auch die Zugangsanlage und der Bahnsteig des ehemaligen Halte­punkts »Leipzig-Klein­zschocher« entfernt, so dass auch dieser völlig neu errichtet werden müsste.

Literatur

 1) Amtsblatt der Königlichen Generaldirektion der Sächsischen Staats­eisenbahnen vom 27. April 1907, Nr. 215
 2)

Großzschocher S. St. E. 1909
Sturm behauptet falsch, der sächsische Bahnhof Leipzig-Plagwitz wäre erst 1920 für den Personenverkehr geschlossen worden. Ein Stadtplan aus dem Jahr 1909 (Deutsche Fotothek) zeigt jedoch eindeutig, dass die alte Strecke zum sächsischen Bahnhof Plagwitz süd­östlich des Bahnhofs Groß­zschocher damals bereits unterbrochen war. Der Güterverkehr war nur noch von Westen über die Verbindungs­gleise aus dem preußischen Bahn­hof oder von Norden über die Leipzig–Plagwitzer Eisenbahn möglich, der Personenverkehr zum sächsischen Bahnhof Plagwitz war unmöglich.
 3) Liebmann meint: »infolge von Unklarheiten über den exakten Verlauf der Flurgrenzen«. Da es sich aber um eine gerade erst verschwundene Stadt- und Kreis­grenze handelte, ist das wenig glaubhaft.
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