Burgen und Bastionen – die Befestigungs­anlagen der Stadt

Das Gebiet der heutigen Stadt Leipzig stand schon früh in militärischem Interesse. Im 10. Jahr­hundert wurde im Zuge der deutschen Ost-Expansion in das von slawischen Stämmen besiedelte Land bei der sorbischen Siedlung Lipsk eine deutsche Burg angelegt. Sie befand sich auf der Süd­seite der in Ost-West-Richtung verlaufenden via regia am östlichen Hoch­ufer der damals unwegsamen und sumpfigen Elster-Pleißen-Aue südlich des alten Fluss­bettes der Parthe und westlich der am Hoch­ufer in Nord-Süd-Richtung verlaufenden via imperii. Diese Haupt­burg (im Bereich um den heutigen Matthäi­kirchhof herum) war von einer Reihe von Unter­burgen umgeben, die als Sperre an den von der Haupt­burg ausgehenden Straßen dienten: die später Alte Burg genannte Unter­burg am Hoch­ufer nördlich der Parthe (im Bereich der heutigen Lortzing­straße), die Unter­burg an der via regia (heute Ost-Ende des Brühls), die Unter­burg an der alten Grimmai­schen Land­straße (heute Universitäts­gelände am Augustus­platz), die Unter­burg an der alten Zeitzer Land­straße (am heutigen Wilhelm-Leuschner-Platz) sowie eine weitere Unter­burg an der via regia, aber am West-Ufer der Elster-Pleißen-Aue, die später so genannte Kuh­burg.

Zum Schutz sowohl der slawischen Siedlung Lipsk als auch des sich an der deutschen Burg angesiedelten sub­urbium wurden im 12. Jahr­hundert die östlich und süd­östlich der Haupt­burg gelegenen Unter­burgen mit dieser und unter­einander zunächst durch Wälle und Gräben, später durch von Toren unterbrochene Mauern verbunden. Die Stadt war schließlich von zwei Stadt­mauern umschlossen; zwischen der höheren äußeren Stadt­mauer und der niedrigeren inneren befanden sich die vier miteinander verbundenen Zwinger: der Hallische Zwinger im Norden, der Grimmaische Zwinger im Nord­osten, der Peters­zwinger im Südosten und der Ranstädter Zwinger im Westen. Die Stadtmauern wurden von den vier Haupt­toren unterbrochen, die die beiden Fern­straßen kontrollierten: auf der via imperii das Hallische Tor im Norden und das Peters­tor im Süden, auf der via regia das Ran­städter Tor im Nord­westen und das Grimmaische Tor im Osten. Außerdem entstanden eine Reihe von Pfört­chen, die den Fußgänger­verkehr auch in den Ab­schnitten zwischen den Toren ermöglichten.

Der Markgraf von Meißen Dietrich (1162–1221) ließ im Jahr 1217 die Alte Burg und die Haupt­burg umbauen und errichtete etwas weiter südlich, auf dem Gelände des heutigen Neuen Rat­hauses, eine weitere Burg, die zunächst »das markgräf­liche Schloss«, dann aber Pleißen­burg genannt wurde. Diese Burgen dienten nicht mehr dem Schutz der deutschen Kolonisation des slawischen Landes, sondern waren als Zwing­burgen des Mark­grafen gegen die Leipziger Bürger gedacht, die sich gegen die markgräf­liche Gründung des Thomas­klosters in ihrer Stadt wehrten. Nach der Schleifung der Haupt­burg im Jahr 1224 durch den Land­grafen von Thüringen Ludwig IV. (»der Heilige«, 1200?–1227, Vor­mund des Mark­grafen Heinrich (1216–1288) über­nahm die Pleißen­burg deren Funktion. Die Unter­burgen des 10. Jahrhunderts wurden entweder eben­falls geschleift oder umgenutzt: auf dem Gelände der Haupt­burg entstand das Franziskaner­kloster, aus den Resten der Unter­burg an der Grimmaischen Land­straße das Dominikaner­kloster.

In der Mitte des 16. Jahr­hunderts wurden neue Befestigungs­anlagen errichtet. Unter dem Herzog und Kur­fürsten (seit 1547) von Sachsen Moritz (1521–1553) wurden in den 1540/50er Jahren drei Bastionen an den Eck­punkten der Stadt angelegt: die Ran­städter Bastei im Nord­westen, die Hallische Bastei im Nord­osten und die Henkers­bastei (später: Moritz­bastei) im Süd­osten. Den südwestlichen Befestigungs­punkt der Stadt bildete die 1549 bis 1567 erneuerte Pleißen­burg, die sich nun außer­halb der Stadt­mauern befand. Außerdem entstand nach dem Nieder­brennen der ursprünglich bis an den Stadt­graben heran gewachsenen Vor­städte ein breiter unbebauter, flach abfallender Streifen vor der äußeren Stadt­mauer, das glacis als »freies Schuss­feld«.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurden alle Befestigungs­anlagen Leipzigs (außer der Pleißen­burg) geschleift, an ihre Stelle trat weitest­gehend der heutige Promenaden­ring. Die Pleißen­burg wurde schließ­lich in den Jahren 1897 / 1905 abgebrochen.

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