Zeigner, Erich

* 17.02.1886 Erfurt; † 05.04.1949 Leipzig

Professor Dr. jur. Erich Richard Moritz Zeigner war Jurist und Politiker. Seit 1945 war er Ober­bürgermeister von Leipzig.

Porträt: Erich Zeigner
E. Zeigner
L'Humanité vom 31.03.1924

Im Jahr 1894 zogen die Eltern Zeigners mit ihrer Familie von Erfurt nach Leipzig. Sie wohnten in der Karl-Heine-Straße 5. Von 1896 bis 1905 lernte E. Zeigner am Städtischen Real­gymnasium (seit 1907 »Petri­schule«) in Leipzig.

Von 1905 bis 1908 studierte Zeigner an der Universität Leipzig auf den Gebieten der Rechts­wissenschaft und der Volks­wirtschaft. Nach einer Referendar­zeit promovierte er im Jahr 1913 (Verteidigung der Dissertation am 10. Juli 1913) in Leipzig zum Thema »Der Einfluß des Konkurses über das Vermögen des Versicherungs­nehmers oder des Begünstigten auf privat­rechtliche Lebens­versicherungs­verhältnisse«.

Von 1913 bis 1917 war Zeigner Assessor bei der Staats­anwaltschaft Leipzig. Nach Ableistung des Militär­dienstes 1917/1918, den er im Hinter­land verbrachte, wurde Zeigner 1918 Staats­anwalt. Nachdem er im Jahr 1919 der SPD beitrat, wurde er als Staats­anwalt abberufen. Am 1. Februar 1919 wurde er zum Richter berufen und an die Ehe­kammer des Land­gerichts Leipzig versetzt, wo er bis 1921 arbeitete.

Am 1. August 1921 wurde Zeigner zum Justiz­minister des Frei­staats Sachsen berufen – er war gerade 35 Jahre alt. Gemeinsam mit dem Innen­minister Richard Lipinski (1867–1936) bemühte er sich um die Demokratisierung der sächsischen Verwaltung und Humanisierung des Straf­vollzugs.

Im Jahr 1922 wurde er Abgeordneter des Sächsischen Land­tags sowie als Vertreter des Frei­staats Sachsen Mitglied des Deutschen Reichs­rats1).

Am 21. März 1923 wurde der 37jährige Zeigner mit einer knappen Mehr­heit von SPD und KPD im sächsischen Landtag zum dritten Minister­präsidenten des Frei­staates Sachsen gewählt. Nachdem er am 10. Oktober 1923 zwei Mitglieder der KPD in seine Regierung aufnahm2), wurde er am 29. Oktober 1923 durch Reichs­präsident Friedrich Ebert (1871–1925) im Zuge der Reichs­exekution als Minister­präsident abgesetzt. Am 21. November 1923 wurde Zeigner fest­genommen und im Frühjahr 1924 vom Land­gericht Leipzig, wo er drei Jahre zuvor noch als Richter arbeitete, wegen angeblicher »Bestechlichkeit im Amt und Akten­unterschlagung« zu drei Jahren Haft verurteilt. Anlässlich einer Amnestie wurde er im August 1925 auf Bewährung aus der Haft in Bautzen entlassen.

Von 1928 bis 1933 arbeitete Zeigner als Journalist und Lehrer sowie SPD-Funktionär. Im August 1933 wurde er erneut inhaftiert; im Jahr 1935 aber frei­gesprochen. Seitdem musste er von Gelegenheits­arbeiten leben. Im Jahr 1939 wurde er nach einem Attentat auf den Reichs­kanzler und »Führer« Adolf Hitler in München kurz­zeitig verhaftet. Seit 1939 durfte er als Buch­halter beim Leipziger Papier­großhandel F. A. Wölbing arbeiten. Im Jahr 1944 war er kurzzeitig im Konzentrations­lager Buchenwald interniert.

Am 1. Juni 1945 wurde Zeigner Leiter des Kultur­amts der Stadt Leipzig und Rechts­rat.

Oberbürgermeister

Am 16. Juli 1945 wurde der Sozialdemokrat Zeigner auf Vorschlag des Anti­faschistischen Blocks durch den Militär-Kommandanten der Sowjetischen Militär-Administration in Leipzig, General­oberst Nikolai I. Trufanov (1900–1982) als Ober­bürgermeister der Stadt Leipzig eingesetzt. Das Amt des Ober­bürgermeisters führte er bis zu seinem Tode. Zu seinen Verdiensten für die Stadt gehört die rasche Wieder­eröffnung der Leipziger Messe und der Universität. Er setzte sich für eine gründliche Ent­nazifizierung der Ver­waltung und eine schnelle Normalisierung des täglichen Lebens ein.

Im Jahr 1946 gehörte Zeigner zu den Mit­begründern der SED in Leipzig und Sachsen. Die am 1. September 1946 gewählte Stadt­verordneten-Versammlung wählte ihn am 9. Oktober 1946 einstimmig als Ober­bürgermeister und gab ihm somit eine demokratische Legitimation.3) Am 20. Oktober 1946 wurde Zeigner in den sächsischen Land­tag gewählt.

Im Mai 1947 wurde Zeigner zum Honorar­professor für Verwaltungs­lehre an der Gesellschafts­wissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig ernannt. Außerdem wurde er Leiter des Instituts für Kommunal­wissenschaften, dessen Gründung er initiiert hatte.

Im Jahr 1948 wurde Zeigner Mitglied des Deutschen Volks­rats4) in Berlin. Im Oktober 1948 wurde er zum ordentlichen Professor für Verwaltungs­lehre berufen.

Zeigner wohnte seit 1927 im Haus Zschochersche Straße 21 (Erich-Zeigner-Haus) im Leipziger Stadt­teil Plagwitz.

Am 5. April 1949 starb Professor Dr.jur. Erich Zeigner im Alter von 63 Jahren in Leipzig. Er wurde auf dem Leipziger Süd­friedhof beigesetzt (XI. Abteilung).

Im Jahr 1949 wurde eine Straße in unmittelbarer Nähe seines Wohn­hauses5) nach Zeigner benannt (Erich-Zeigner-Allee). Im Jahr 1977 erhielt die 40. Poly­technische Ober­schule in Plagwitz seinen Namen (Erich-Zeigner-Oberschule, seit 1992 Erich-Zeigner-Schule [Grund- und Mittel­schule]). Eine Siedlung im Leipziger Stadt­teil Zuckelhausen wurde eben­falls nach ihm benannt (Erich-Zeigner-Siedlung). Ein Medaillon mit dem Bildnis Zeigners befindet sich am ehemaligen Restaurant »Eiskeller« im Leipziger Stadt­teil Connewitz.

Weblinks

Quellen


 1) der »sorgfältig recherchierte Beitrag« zu Zeigner im Stadtlexikon Leipzig von A bis Z behauptet auf Seite 656, er wäre Mitglied des Reichstags gewesen – allerdings unterschieden sich Reichs­rat und Reichs­tag damals ebenso wie heute Bundes­rat und Bundes­tag
 2) Fritz Heckert (1884–1936, Wirtschafts­minister) und Heinrich Brandler (1881–1967, Leiter der Staats­kanzlei)
 3) Die Versammlung bestand aus 90 Stadtverordneten, von denen 42 zur SED (47%), 27 zur LDP (30%), 19 zur CDU (21%) und 2 zum Kulturbund (2%) gehörten. Dennoch verweigerte die Stadtverwaltung unter Oberbürgermeister Burkhard Jung im Februar 2018 die Aufnahme eines Porträts Zeigners in die »Galerie demokratisch gewählter Oberbürgermeister«.
 4) der Deutsche Volksrat war der Vorgänger der späteren Volks­kammer der DDR
 5) die Zschochersche Straße selbst war erst im August 1945 nach dem ehemaligen Ober­bürgermeister Leipzigs Carl Goerdeler (1884–1945) benannt worden
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