Der erste Schreberplatz

Der erste Schreberplatz (der Westvorstadt) befand sich von 1865 bis 1876 im östlichen Teil der heutigen Äußeren Westvorstadt (»Bachstraßenviertel«, Ortsteil Zentrum-West, Gemarkung Leipzig) auf der ehemaligen Martorffer Wiese. Er wurde umgrenzt im Norden von einer geraden, in Ost-West-Richtung verlaufenden Linie in Höhe der Einmündung der (hier heute namenlosen, aber noch vorhandenen) Promenadenstraße auf die Wiesenstraße (heute: Gustav-Mahler-Straße); im Osten von der Alten Pleiße; im Süden vom Johannapark und im Westen von einer geraden, in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Linie in Höhe der späteren Hauptmannstraße. Heute befinden sich hier die nördlichen Teile des Johannaparks, die Lutherkirche, das Ost-Ende der Ferdinand-Lassalle-Straße (ursprünglich »Bismarckstraße«) und die Süd-Enden der Hauptmannstraße, der Hillerstraße und der Schreberstraße.

Am 11.11.1864 gestattete der Leipziger Rechtsanwalt und Industrie-Pionier Dr. C. Heine (1819-1888) dem am 10.05.1864 auf Initiative des Lehrers I. Hauschild (1808-1866) gegründeten Schreberverein die Übernahme des direkt am Johannapark liegenden Teils der von ihm gepachteten, der Thomasschule gehörenden Martorffer Wiese. Damit konnte der Schreberverein am 13.01.1865 das Grundstück in einem separaten Vertrag von der Stadt Leipzig (als Träger der Thomasschule) pachten. Am 29.05.1865 wurde der erste Schreberplatz mit einer Festrede eingeweiht, die der Initiator I. Hauschild selbst hielt.

Abweichend von den heutigen Vorstellungen von einer Schreberanlage handelte es sich aber zunächst nicht um eine Kleingarten-Anlage, sondern um einen reinen Spielplatz für Kinder, damit diese außerhalb enger Mauern und staubiger Hinterhöfe unter Aufsicht »spielen« konnten, wobei hier vor allem Bewegungsspiele, wie Wettlaufen, Sackhüpfen oder Seilziehen gemeint waren.

Erst drei Jahre später, im Jahr 1868, regte der Oberlehrer und »Spielvater« K. Gesell (1800-1879) die Anlage von Kinderbeeten (zunächst ausschließlich für Blumen!) an, bei deren Pflege die Kinder weitere Freude empfinden konnten, aber auch Verantwortung und Natursinn lernen sollten. Aus diesen Kinderbeeten entwickelten sich später die heutigen Kleingärten.

In der Mitte der 1870er Jahre musste der erste Schreberplatz verlagert werden, da das Grundstück zur Parzellierung und Bebauung mit der äußeren Westvorstadt vorgesehen war. So wurde am 21.05.1876 der zweite Schreberplatz der Westvorstadt auf einem etwas weiter nördlich zwischen der (inzwischen verfüllten) Alten Elster und einem älteren Reitweg (hier heute: Aachener Straße) eingeweiht, der noch heute besteht.

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