Naschmarkt

Der Naschmarkt ist ein kleiner Platz in der östlichen Leipziger Innenstadt. Er liegt auf dem 1.903 Quadrat­meter großen Flur­stück 4398 der Gemarkung Leipzig und hat den amtlichen Straßen­schlüssel 01050.

Lage


um 1912
Der fast rechteckige Platz wird von der Alten Börse im Norden, dem ehemaligen Messehaus Handelshof im Osten, der Grimmaischen Straße im Süden und dem Alten Rathaus (Rückseite) im Westen begrenzt. Ein Durchgang durch das Alte Rathaus verbindet den Naschmarkt mit dem Markt. Vom Nordrand des Platzes führen zwei schmale Stichstraßen östlich und westlich an der Alten Börse vorbei auf das Salz­gäßchen.

Geschichte

Der schmale Platz wurde im Jahr 1556 im Zusammenhang mit dem Neubau des Rathauses angelegt, nachdem der Rat der Stadt zuvor die am Salzgäßchen und der Grimmaischen Straße gelegenen Grundstücke hinter dem Rathaus erworben hatte und die mittel­alterliche Bebauung abbrechen ließ.1)


1646
Die erste bekannte Darstellung des Platzes stammt aus dem Jahr 1646. Er reichte damals im Norden bis an das Salzgäßchen, war also ca. 90 Meter lang, aber nur ca. 25 Meter breit. Die ursprüngliche Fläche betrug 2.330 Quadrat­meter. Damals gab es zwei Brunnen auf dem Platz: einen in der Mitte, einen an der Grimmaischen Straße. – Ein Name für den neuen Platz ist aus dieser Zeit nicht überliefert. Offizielle Benennungen gab es damals nicht, jeder konnte ihn nennen, wie er wollte; irgendwann bürgerten sich dann traditionelle Namen ein.

Von Mai 1678 bis November 1679 wurde auf dem nördlichen Teil des Platzes die Börse errichtet, die (zusammen mit einem vorgelagerten Hof) 427 Quadrat­meter belegt.

Von 1688 bis 1690 wurde ein Brunnen, der ursprünglich an der Grimmaischen Straße stand, in die Mitte des Platzes verlegt (die alte Brunnen­stelle wurde aber nur abgedeckt, nicht verfüllt). Der neue Brunnen hatte einen quadratischen Grundriss, dessen Diagonalen in Bezug auf die angrenzenden Gebäude parallel standen; in seiner Mitte befand sich auf einem Sockel eine hohe Herkules­figur.


Adelung 1793
Auf einem Kupferstich aus dem Jahr 1712 wird der Platz als »Börsen oder Asch Marckt« bezeichnet. Während der Name Börsen­marckt (Börſen­marckt)? auf den nördlichen Anrainer Bezug nimmt, sonst aber nicht weiter erscheint, wird die Bezeichnung Asch­marckt (Aſch­marckt) noch im ganzen 18. Jahr­hundert benutzt. Der Sprachforscher Johann Christoph Adelung (1732–1806), der lange in Leipzig lebte, erklärte die Bezeichnung »Asch­markt« als lokale Aussprache des sonst genutzten Wortes Nasch­markt (Naſch­marckt). Einen Bezug zum regionalen Wort »(der) Asch«2) stellt er aber nicht her,3) obwohl er diesen Begriff durchaus kannte und in seinem Wörterbuch auch beschrieb.

Ein Kupferstich von 1749 zeigt am Südrand des Nasch­markts, offensichtlich auf der ersten Brunnen­stelle, einen zweiten Brunnen. Dieser hatte im Wesentlichen die Gestalt einer Glocke, an deren Seiten vier von je einem Kind gerittene Fische oder Delphine nach unten glitten. Den oberen Abschluss bildete ein an ein Zwiebel­türmchen erinnernder Aufsatz. – Eine undatierte Zeichnung zeigt einen ganz ähnlichen Brunnen. Interessant ist die Orts­angabe »auf dem so genandten Kleinen Marckte«. Falls wirklich der selbe Brunnen gemeint ist, wäre Kleiner Marckt (Kleiner Marckt) ein weiterer alter Name des Naschmarkts. Dies wäre nur konsequent, denn auf manchen alten Stadt­plänen (zum Beispiel auf einem Schleusenplan) wird der heutige Markt vor dem Rathaus als »Großer Marckt« bezeichnet.

Um 1820 wurde der Brunnen an der Grimmaischen Straße in seiner Gestalt wesentlich verändert. Es entstand der heutige Löwenbrunnen, der aber im Jahr 1918 noch einmal erneuert wurde (Ausführung des ursprünglich hölzernen Unterbaus in Stein).

Eine Lithographie zeigt im September 1830 nur noch den Löwenbrunnen, der Herkules­brunnen ist verschwunden.

Im Jahr 1877 beschloss der Stadtrat die Überbauung des Naschmarkts durch einen wesentlich größeren Rathausneubau, der das gesamte Viertel zwischen Markt, Salzgäßchen, Reichsstraße und Grimmaische Straße einnehmen sollte. Dieses Projekt wurde 1883 aus Kostengründen verworfen und zu den Akten gelegt.

Ein neues Projekt zur Lösung der Rathausfrage, das 1889 bekannt wurde, sah einen kleineren Rathausneubau zwischen Naschmarkt und Reichsstraße vor, der mit dem Rathaus und der Alten Börse durch schmale Baukörper so verbunden werden sollte, dass der Naschmarkt einen Innenhof des neuen Rathauskomplexes bilden würde. – Aber auch dieser Plan wurde abgelehnt, und im Jahr 1893 wurde der letztlich auch realisierte Neubau des Rathauses auf dem Gelände der anzukaufenden und abzubrechenden Pleißenburg beschlossen.

Am 28. Juni 1903 wurde auf dem Naschmarkt, vor der Alten Börse, das Goethedenkmal eingeweiht.

In den Jahren 1908 / 1909 wurde u.a. auch auf den bisherigen Grundstücken Naschmarkt 1, 2 und 3 das Messehaus Handelshof errichtet. Dabei wurde ein Durchgang angelegt, der vom Nasch­markt durch den nördlichen Innenhof des Handelshofs auf die Reichs­straße führt.

Bei der Einführung der Kommunalen Gliederung der Stadt Leipzig zum 18. März 1992 wurde der Platz dem statistischen Bezirk 001 im Ortsteil Zentrum zugeordnet.

Seit dem 1. Juli 1993 gehört der Naschmarkt zum Postleit­bezirk 04109 (vorher seit 1926 Leipzig C 1, seit 1965 701 Leipzig, zuletzt O-7010 Leipzig).

Quellen

 1) Eichler, Ernst; Walther, Hans: Alt-Leipzig und das Leipziger Land. Ein historisch-geographisches Namen­buch zur Frühzeit im Elster-Pleißen-Land im Rahmen der Sprach- und Siedlungs­geschichte. Leipzig 2010, behauptet auf Seite 67, der Nasch­markt sei der älteste Markt­platz Leipzigs und verlor erst seine Bedeutung, als auf der Vorder­seite des Rathauses der (heutige) Markt angelegt wurde. Das ist frei erfunden und falsch, wird aber dennoch von der deutsch­sprachigen Wikipedia propagiert.
 2) In diesen flachen, runden, meist emaillierten und mit zwei einklapp­baren Griffen versehenen Metall­gefäßen wurde noch im 20. Jahr­hundert in Leipzig Geschirr abgewaschen, das Baby gebadet oder feuchte Wäsche zum Trocken­platz gebracht.
 3) Schlauer als Adelung ist wieder Eichler/Walther 2010 (Seite 263), wo eben jene Äsche als Namensgeber für den Platz genannt werden. Natürlich schließt sich die Wikipedia auch hier an.
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