Markthallenstraße

Die Markthallenstraße ist eine Anlieger­straße in der Leipziger Süd­vorstadt.1) Sie liegt auf dem Flur­stück 4017 der Gemarkung Leipzig und hat den amtlichen Straßen­schlüssel 04003.

Verlauf

Die 111 Meter lange Straße begann ursprünglich am Roßplatz (jetzt Sackgasse) und führt gerad­linig und kreuzungsfrei nach Südwesten, wo sie in die Südost­ecke des Wilhelm-Leuschner-Platzes (ursprünglich »Esplanade«, 1839–1945 »Königsplatz«) mündet, wo auch die nach Osten führende (neue) Jablonowski­straße (bis 2025 Teil der Brüder­straße) und die nach Süd­osten führende Windmühlen­straße beginnen. Die gerad­zahligen Haus­nummern befanden sich auf der nord­westlichen Straßenseite.

Geschichte

Die Straße war eine der ältesten in der Peters­vorstadt und hieß ursprünglich der Kautz (Der Straßenname Kautz in gebrochener Schrift).? Der Name hat nichts mit dem Eulenvogel zu tun, sondern ist slawischen Ursprungs. Heute wird er vom Wort tkalc abgeleitet, der sorbischen Berufs­bezeichnung für »Weber«. Der Leipziger Stadt­bibliothekar und Rats­archivar Gustav Wustmann (1844–1910) weist aber 1898 auf die Verwand­schaft zum Wort »Kies« hin und übersetzt Kautz mit »Sand«, weil sich im Mittel­alter hier eine Sand­grube befunden haben soll. Er meint, dass es sich (neben dem Brühl) um den ältesten Straßen­namen der Stadt gehandelt hat und bedauert dessen Verschwinden.

Am 9. März 1839 wurde beschlossen, dem Kautz mit Wirkung zum 22. Oktober 1839 den Namen Kleine Windmühlengasse (Der Straßenname Kleine Windmühlengasse in gebrochener Schrift) zu geben. Gleichzeitig erhielt die heutige Windmühlenstraße den Namen »Große Windmühlengasse«.

Mit der Änderung des Namens der Großen Wind­mühlen­gasse in »Windmühlen­straße« im Jahr 1843 entfiel die Notwendigkeit des Namens­zusatzes »Kleine«, da es ja nur noch eine Wind­mühlengasse gab. Obwohl keine offizielle Um­benennung bekannt ist, erscheint in der Mitte des 19. Jahr­hunderts auf Stadtplänen und in Adressbüchern oft nur der verkürzte Name »Windmühlengasse«.

Die schmale Gasse war beidseitig dicht bebaut, wobei einge Häuser besondere Namen führten: Nr. 3: Braunes Roß, Nr. 5: Stadt Zwickau, Nr. 9: Goldene Wage, Nr. 17: Goldene Kutsche, Nr. 12: Fortuna und Nr. 16: Drei Raben.

Im Jahr 1888 wurden sämtliche Häuser auf der süd­östlichen Straßenseite (Nummern 1 bis 17) abgebrochen, um Baufreiheit für die 1889/90 errichtete städtische Zentral­markthalle zu schaffen, wobei das Grund­stück von Nr. 17 (Goldene Kutsche) für die Verlängerung der Brüderstraße genutzt wurde.

Straßenansicht vor 1888
vor 18882)
Straßenansicht nach 1891
nach 18913)

Blick vom Roßplatz nach Südost

Am 16. Dezember 1890 wurde be­schlossen (Bekannt­machung vom 29. De­zember 1890 im Leipziger Tageblatt 02.01.1891, Seite [1], Kopie), die Windmühlen­gasse in Markthallen­straße (Der Straßenname Markthallenstraße in gebrochener Schrift) um­zubenennen. Damit wurde auf den neuen Haupt­anlieger hin­gewiesen und die Problematik »Große / Kleine« und »Gasse / Straße« endgültig geklärt.

Im 2. Weltkrieg wurde die Bebauung der Markthallenstraße komplett zerstört. Die Ruinen wurden abgetragen und die Grundstücke seitdem nicht wieder bebaut. Außer einigen alten Bordstein­kanten erinnert heute nichts mehr an die Straße.

Bei der Einführung der Kommunalen Gliederung zum 18. März 1992 wurde die Straße dem Statistischen Bezirk 031 im Ortsteil 03 Zentrum-Süd zugeordnet.

Seit dem 1. Juli 1993 gehört die (noch immer völlig unbebaute) Straße zum Postleitbezirk 04107.

Flurstücke 2025
Online-Stadtplan 02.09.2025

In den Plänen zur Neugestaltung des Wilhelm-Leuschner-Platzes und der sich nach Osten anschließenden Kriegs­brache wird die Existenz dieser Straße oft ignoriert: sie stört das moderne Märchen von einem Wilhelm-Leuschner-Platz, der angeblich bis zur Grünewald­straße reicht. So liegt auch der südliche Zugang zum Haltepunkt Leipzig Wilhelm-Leuschner-Platz mitten auf ehemaligen Grundstücken der Wohn­bebauung Wilhelm-Leuschner-Platz und Markthallen­straße. Und im amtlichen »Straßen­abschnitts­verzeichnis 2022« wird die Markthallen­straße überhaupt nicht mehr aufgeführt, obwohl keinerlei Umbenennung oder Aufhebung bekannt gegeben wurde.

Planung 2025
»Information« 2025

In der Beschlussvorlage zur Straßen­benennung 2/2024 (VIII-DS-00427) findet sich unter Punkt 2.1, in dem es eigentlich um die Umbenennung eines Teils der Brüderstraße geht, eine Information zur ver­änderten Straßen­führung der „Markthallen­straße“. Dort wird festgelegt, dass der bestehende Straßen­name entsprechend neben­stehender Karte räumlich »neu zugeordnet« wird. – Dies widerspricht der üblichen Praxis, Straßennamen auf­zuheben, wenn sie über­flüssig sind, und neue Straßen neu zu benennen. Beide Verwaltungs­akte (Aufhebung und Neu­benennung) bedürfen eines ausdrück­lichen Beschlusses der Rats­versammlung, der hier aber nicht vorliegt. Zwar wurde der eigentliche Gegenstand (Umbenennung eines Teils der Brüder­straße) am 12. Februar 2025 beschlossen, was seit dem 25. März 2025 auch bestands­­kräftig ist; die unter­geschobene Verlegung der Markthallen­straße findet sich aber weder in der Aus­fertigung des Beschlusses noch im Amts­blatt. Auch im Online-Stadtplan und dem Online-Straßennamen­verzeichnis wurde bisher (Stand 4. September 2025) keine Änderung des jahrhunderte­alten Zustands vorgenommen. – Es wohl ist davon auszugehen, dass es sich hier um eine Eigen­mächtigkeit der Stadt­verwaltung handelte, die bisher keine Bestands­kraft hat.

Weblinks

Quellen

1)
Adressbuchauszug 1914
Adreßbuch 1949, Teil IV, S.45
Noch bis mindestens 1949 bildete die Markthallenstraße die Grenze zwischen den Stadtteilen (südliche) Ostvorstadt (Nr. 1, Markthalle) und (innere) Südvorstadt (Nr. 4–16). Spätestens seit der Einführung der Kommunalen Gliederung 1992 gilt die Grünewaldstraße als Grenze, so dass die Markthallen­straße jetzt komplett in der Südvorstadt liegt.
2) Bildnachweis: alte Postkarte
3) Bildnachweis: Wustmann, Gustav: Bilderbuch aus der Geschichte von Leipzig. 2. Ausgabe, Leipzig: Hermann Zieger, 1913. Seite 216