Markthallenstraße

Die Markthallenstraße ist eine Anliegerstraße in der Leipziger Süd­vorstadt. Sie liegt auf dem Flur­stück 4017 der Gemarkung Leipzig und hat den amtlichen Straßen­schlüssel 04003.

Die 111 Meter lange Straße beginnt an der Südost-Ecke des Wilhelm-Leuschner-Platzes (ursprünglich »Esplanade«, 1839–1945 »Königsplatz«), wo auch die nach Osten führende (neue) Jablonowski­straße (bis 2025 Teil der Brüder­straße) und die nach Süd­osten führende Windmühlenstraße beginnen, und führt gerad­linig und kreuzungsfrei nach Nordosten, bis sie als Sackgasse endet. Die gerad­zahligen Haus­nummern befanden sich auf der nord­westlichen Straßenseite. Seit dem 1. Juli 1993 gehört die (völlig unbebaute) Straße zum Postleitbezirk 04107.

Die Straße war eine der ältesten in der Petersvorstadt und hieß ursprünglich der Kautz (Kautz).? Der Name hat nichts mit dem Eulenvogel zu tun, sondern ist slawischen Ursprungs. Heute wird er vom Wort tkalc abgeleitet, der sorbischen Berufs­bezeichnung für »Weber«. Der Leipziger Stadt­bibliothekar und Rats­archivar Gustav Wustmann (1844–1910) weist aber 1898 auf die Verwandschaft zum Wort »Kies« hin und übersetzt Kautz mit »Sand«, weil sich im Mittel­alter hier eine Sand­grube befunden haben soll. Er meint, dass es sich (neben dem Brühl) um den ältesten Straßennamen der Stadt gehandelt hat und bedauert dessen Verschwinden. – Die schmale Gasse war beidseitig dicht bebaut und mündete in den Roßplatz.

Am 9. März 1839 wurde beschlossen, dem Kautz mit Wirkung zum 22. Oktober 1839 den Namen Kleine Windmühlengasse (Kleine Windmühlen­gaſſe) zu geben. Gleichzeitig erhielt die heutige Windmühlenstraße den Namen »Große Windmühlengasse«.


Zustand 1886

Mit der Änderung des Namens der Großen Wind­mühlen­gasse in »Windmühlenstraße« im Jahr 1843 entfiel die Notwendigkeit des Namenszusatzes »Kleine«, da es ja nur noch eine Windmühlengasse gab. Obwohl keine offizielle Um­benennung bekannt ist, erscheint in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf Stadtplänen und in Adressbüchern oft nur der verkürzte Name »Windmühlengasse«.

Im Jahr 1888 wurden sämtliche Häuser auf der süd­östlichen Straßenseite (Nummern 1 bis 17) abgebrochen, um Baufreiheit für die 1889/90 errichtete städtische Zentralmarkthalle zu schaffen.


Leipziger Tageblatt 02.01.1891, Seite [1]

Am 16. Dezember 1890 wurde be­schlossen (Bekanntmachung am 29. De­zember 1890), die Windmühlen­gasse in Markthallen­straße (Markt­hallen­ſtraße) um­zubenennen. Damit wurde auf den neuen Haupt­anlieger hin­gewiesen und die Problematik »Große / Kleine« und »Gasse / Straße« endgültig geklärt.

Im 2. Weltkrieg wurde die Bebauung der Markthallenstraße komplett zerstört. Die Ruinen wurden abgetragen und die Grundstücke seitdem nicht wieder bebaut. Außer einigen alten Bordstein­kanten erinnert heute nichts mehr an die Straße.

Bei der Einführung der Kommunalen Gliederung zum 18. März 1992 wurde die Straße dem Statistischen Bezirk 031 im Ortsteil 03 Zentrum-Süd zugeordnet.


Online-Stadtplan 02.09.2025

In den Plänen zur Neugestaltung des Wilhelm-Leuschner-Platzes und der sich nach Osten anschließenden Kriegs­brache wird die Existenz dieser Straße oft ignoriert: sie stört das moderne Märchen von einem Wilhelm-Leuschner-Platz, der angeblich bis zur Grünewald­straße reicht. So liegt auch der südliche Zugang zum Haltepunkt Leipzig Wilhelm-Leuschner-Platz mitten auf ehemaligen Grundstücken der Wohnbebauung Wilhelm-Leuschner-Platz und Markthallenstraße. Und im amtlichen »Straßen­abschnittsverzeichnis 2022« wird die Markthallen­straße überhaupt nicht mehr aufgeführt, obwohl keinerlei Umbenennung oder Aufhebung bekannt gegeben wurde.


»Information« 2025

In der Beschlussvorlage zur Straßen­benennung 2/2024 (VIII-DS-00427) findet sich unter Punkt 2.1, in dem es eigentlich um die Umbenennung eines Teils der Brüderstraße geht, eine Information zur ver­änderten Straßen­führung der „Markthallen­straße“. Dort wird festgelegt, dass der bestehende Straßen­name entsprechend neben­stehender Karte räumlich »neu zugeordnet« wird. – Dies widerspricht der üblichen Praxis, Straßennamen auf­zuheben, wenn sie über­flüssig sind, und neue Straßen neu zu benennen. Beide Verwaltungs­akte (Aufhebung und Neu­benennung) bedürfen eines ausdrück­lichen Beschlusses der Rats­versammlung, der hier aber nicht vorliegt. Zwar wurde der eigentliche Gegenstand (Umbenennung eines Teils der Brüder­straße) am 12. Februar 2025 beschlossen, was seit dem 25. März 2025 auch bestands­­kräftig ist; die untergeschobene Verlegung der Markthallen­straße findet sich aber weder in der Aus­fertigung des Beschlusses noch im Amtsblatt. Auch im Online-Stadtplan und dem Online-Straßennamen­verzeichnis wurde bisher (Stand 2. September 2025) keine Änderung des jahrhunderte­alten Zustands vorgenommen. – Es wohl ist davon auszugehen, dass es sich hier um eine Eigen­mächtigkeit der Stadt­verwaltung handelte, die bisher keine Bestands­kraft hat. Erstaunlich nur, dass die Rats­versammlung den Versuch der Entziehung zweier Beschlüsse durch eine in einen anderen Beschluss versteckte »Information« einfach so toleriert.

Weblinks

Quellen

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