Die Israelitische Gemeinde

Eine erste jüdische Gemeinde gab es in der Handelsstadt Leipzig bereits im Mittelalter. So wird im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts sowohl die Gemeinde als auch eine Synagoge erwähnt. Die Judenordnung des Markgrafen von Meißen von 1265 fordert, dass Juden gegenüber Christen in der landesherrlichen Rechtssprechung nicht benachteiligt werden dürfen.

Obwohl während der Pestepidemie 1348-1350 die Juden als Brunnenvergifter verdächtigt wurden, ist für Leipzig (im Gegensatz zu anderen meißnischen Städten) keine Juden­verfolgung nachweisbar. 1359 wird eine »Judengasse« in der Ranstädter Vorstadt erwähnt, 1364 ein Rabbiner. Die Judenordnung von 1368 erneuerte die juristische Gleich­berechtigung. Im Jahr 1425 stellte der eben zum Kurfürsten von Sachsen ernannte Friedrich I. (1370-1428) einen Schutzbrief für alle Leipziger Juden aus. In der Mitte der 1440er Jahre erlosch die erste jüdische Gemeinde in Leipzig, nachdem die Synagoge schon 1441 verkauft wurde.

Dennoch gab es in den folgenden Jahrhunderten noch reges jüdisches Leben in Leipzig, das sich aber vor allem auf die Zeit der dreimal im Jahr stattfindenden Messen beschränkte. Nach dem Abbruch der Judengasse (wegen Baufälligkeit) zogen die jüdischen Kaufleute vor allem in den Brühl. Für das Haus Nr. 728 (auf dem heutigen Grundstück Brühl 68) ist erstmals 1673 der Name »Judenherberge« nachweisbar. - Allerdings war es seit der Reformation allen Personen, die sich nicht zum evangelisch-lutherischen Glauben bekannten, verwehrt, Bürger der Stadt zu werden und sich damit dauerhaft niederzulassen. Die Messjuden unterhielten auch eigene Synagogen, so u.a. eine für die Berliner Kaufleute und eine andere für die Hamburger Kaufleute. Die Synagoge der seit 1728 Leipzig besuchenden Brodyer Kaufleute befand sich seit 1753 im Haus »Zum blauen Harnisch« (heute zum Grundstück Brühl 71).

Im Jahr 1710 erhielt der von Hamburg kommende Gerd Levi (1659-1739) als erster Jude vom Landesherren die Genehmigung, sich mit seiner Familie und seinen Dienern in Leipzig niederzulassen. Sie unterstanden direkt dem Kurfürsten und genaßen dessen Schutz. 1766 durften bereits sechs Familien und ca. zehn Einzelpersonen dauerhaft als sogenannte Schutzjuden in Leipzig leben. Seit 1767 studierte Elkan Herz (1751-1816) als erster Jude an der Leipziger Universität. 1832 besaßen 140 Juden das Aufenthaltsrecht in Leipzig. Für das Jahr 1834 ist die Verwendung eines Gemeindesiegels belegt. Im Jahr 1838 erhielt Salomon Veith als erste Jude das Leipziger Bürgerrecht.

Am 23.04.1846 wurde mit der Bestätigung der Statuten durch das sächsische Kultus­ministerium die Israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig wieder offiziell begründet. Die Gemeinde gehörte von Anfang an zum liberalen Flügel des Reformjudentums, während die meisten der osteuropäischen Messjuden streng orthodox waren.

Im Jahr 1925 gehörten der Israelitischen Gemeinde zu Leipzig 12.594 Mitglieder an, das waren 1,8% der Leipziger. Damit hatte die Gemeinde, die inzwischen die sechstgrößte in Deutschland war, den Höhepunkt ihres Wachstums erreicht. Es gab in Leipzig 13 Synagogen und vier Bethäuser. In den Folgejahren, noch vor 1933, sank die Zahl der Mitglieder wieder. Im Sommer 1933 waren es noch 11.500.

Als am 19.04.1945 die US-amerikanische Armee in Leipzig eintraf, lebten hier noch 15 Juden. Hinzu kamen etwas später 169 Juden, die aus dem KZ Theresienstadt befreit werden konnten.

Am 16.01.1953 flüchtete der Vorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig Salo Looser nach Westberlin, um der drohenden Verhaftung im Zusammenhang mit dem Slansky-Prozess zu entgehen.

Vorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig waren u.a.:

AmtszeitVorsitzender
1898–1915 Magnus, Salomon (1836–1915)
1915–1922 Adler, Abraham (1850–1922)
1967–1988 Gollomb, Eugen (1917–1988)
1988–2000 Adlerstein, Aron (1913–2000)

Zum Ende der DDR-Zeit 1989 gab es in Leipzig noch ca. 30 Juden. Durch Einwanderung aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion umfasst die Israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig heute wieder ca. 1.000 Mitglieder.

Quellen

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